Seit zwei Wochen fliegt der US-Drohnenhersteller General Atomics mit einer „SeaGuardian“ im zivilen Luftraum Großbritanniens. Das auf maritime Überwachung ausgelegte unbemannte Luftfahrzeug hat eine Spannweite von 24 Metern, kann bis zu zwölf Kilometer aufsteigen und dabei 40 Stunden in der Luft bleiben. Mit den Flügen will das britische Verteidigungsministerium die Einführung der nahezu baugleichen „SkyGuardian“ vorbereiten. Sie soll ab 2024 die bisherige bewaffnete Drohnenflotte der Luftwaffe ersetzen, dort firmiert sie als „Protector“.
Für die Flugtests sind die Drohnen mit einem „Erkennungs- und Vermeidungssystem“ (DAA) ausgestattet. Es zeigt den Pilot:innen an, welche anderen Flugzeuge sich in der Nähe befinden und warnt vor Gefahren. Im Falle drohender Kollisionen wird automatisch ein Ausweichverfahren eingeleitet. Die britische Zivilluftfahrtbehörde hat den Betrieb des Systems vorläufig genehmigt.
Trainings sollen im Inland stattfinden
Bislang dürfen militärisch genutzte Drohnen in ganz Europa nur in Gebieten mit Flugbeschränkungen fliegen. Werden zivile Lufträume durchquert, sind diese zeitweise für den sonstigen Flugverkehr gesperrt. Dies schränkt ihre Nutzung für Trainings deutlich ein. Weil auch in Deutschland große Drohnen nur in Luftsperrgebieten fliegen dürfen, trainiert etwa die Luftwaffe in Israel.
Die Integration der Militärdrohnen in den von Fluglotsen kontrollierten britischen Luftraum hat deshalb eine internationale Signalwirkung für ihre Nutzung im Inland. Bereits 2018 hatte General Atomics eine „SkyGuardian“ im zivilen Luftraum über den Atlantik nach Großbritannien geflogen. Damals standen Deutschland und andere europäische Regierungen vor der Entscheidung zur Beschaffung großer, bewaffnungsfähiger Drohnen. Mit dem Transatlantikflug und einer anschließenden Flugschau in Griechenland wollte sich die US-Firma in diesem Rennen einen Vorteil verschaffen.
Eine ähnliche Genehmigung erhielt die „SeaGuardian“ für Flüge im japanischen Luftraum. Entsprechende Simulationen hat General Atomics außerdem in den Niederlanden durchgeführt. Die Regierung in Den Haag hat vier „Reaper“ bestellt. Dabei handelt es sich um den Vorläufer der „SeaGuardian“ mit einer geringeren Nutzlast.
Zwei Abstürze pro Monat
Die „SeaGuardian“ ist noch bis Oktober im englischen Waddington stationiert, dort sollen auch die zukünftigen „Protector“ beheimatet sein. Ihre Überführung aus den USA erfolgte anlässlich der NATO-Militärübung „Joint Warrior“, verschiedene britische Organisationen hatten deshalb zu Protesten aufgerufen. So kritisiert etwa UK Dronewatch die auf Luftwaffenübungsplätzen geplanten Schießübungen und verweist auf die hohe Absturzrate. In den letzten zehn Jahren sind demnach über 250 große Militärdrohnen abgestürzt – im Durchschnitt also zweimal pro Monat.
Anschließend unternahm die britische Luftwaffe weitere Flüge in verschiedenen Gebieten in Schottland und England sowie über der Nordsee. Genehmigungen für die Durchquerung deutscher Lufträume wurden nicht beantragt. Zuletzt flog die „Protector“ durch den Ärmelkanal, dort hat sie möglicherweise die Überwachung von Migrationsbewegungen unterstützt. Entsprechende Einsätze von Militärdrohnen hatte die Regierung in London im letzten Jahr angeordnet.
Nach Angaben des britischen Verteidigungsministeriums könnten die „Protector“ auch für Überwachungsmissionen sowie Rettungseinsätze im Innern angefordert werden. In den USA werden die Drohnen von General Atomics bereits durch Grenzbehörden und das Heimatschutzministerium für derartige Einsätze genutzt.
Neben Großbritannien hat Belgien vier „SkyGuardian“ bestellt, die Lieferung soll ab 2023 erfolgen. Aus diesem Grund hatte das britische Militär den Chef der belgischen Luftwaffe zu Vorführungen nach England eingeladen. Auch Marokko hat den Kauf der Drohnen beschlossen, diese sollen aber wie in Belgien nicht bewaffnet werden. Um dennoch über Kampfdrohnen verfügen zu können, beschafft das Königreich türkische „Bayraktar TB2“.
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